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Die Freiheit eines „Christenmenschen“ gibt es nur im Paket mit dem Gespür dafür, wann ich meinen Nächsten gefährde oder ihn unfrei mache.

Liebe Leserin, lieber Leser,
liebe Mitarbeiterin, lieber Mitarbeiter,

ich liebe es, über `Gerechtigkeit´ nachzudenken und zu diskutieren. Es wirkt so einfach und ist doch so schwierig. Genauso geht es mir mit der `Freiheit´. Gerade jetzt ein spannendes Thema. Auch ich erlebe unangenehm, dass sich diese Freiheit derzeit anders anfühlt und andere Grenzen hat. Ein guter Grund, mal genauer darüber nachzudenken. Natürlich ist die Maske eine Einschränkung, natürlich ist Quarantäne eine Einschränkung, natürlich ist Essen holen etwas Anderes als im Freundeskreis ein Restaurant zu besuchen.
Das Thema Freiheit beschäftigte auch Paulus vor 2000 Jahren als er den Korinthern über Regeln und Freiheiten schreibt. Ein Satz lautet: „Seht aber zu, dass diese eure Freiheit für die Schwachen nicht zum Anstoß wird!“ Unsere christlichen Werte stehen eben nicht einfach so im Raum, sondern sie haben etwas miteinander zu tun. Gerechtigkeit hat etwas mit Recht und etwas mit Gnade zu tun. Freiheit hat etwas mit Unabhängigkeit und eben auch mit Nächstenliebe zu tun.
Gerechtigkeit ist nie nur die für mich und Freiheit ist nie nur meine eigene Freiheit. Sie kann nur im Rahmen eines respektvollen Zusammenlebens angemessen gelebt werden, andernfalls bliebe mir nur, allein auf einer einsamen Insel zu leben. Die Freiheit eines „Christenmenschen“ gibt es nur im Paket mit dem Gespür dafür, wann ich meinen Nächsten gefährde oder ihn unfrei mache.
Ich jedenfalls will meinem Mitmenschen, schon gar nicht dem Schwächeren, zum „Anstoß“ werden. Das gilt für die derzeitigen Beschränkungen genauso wie zu jeder anderen Zeit. Ich fahre nicht mit 200 Sachen durch die Stadt und kicke nicht einen Stein den Berg hinunter, ohne zu wissen, ob unten einer steht.

Ich wünsche Ihnen einen guten Wochenanfang und Tage, die geprägt sind von wohltuender gegenseitiger Rücksichtnahme.
Ihr Pfarrer Jochen Keßler-Rosa

(Foto Arthur Arnold)